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„Du sollst nicht zwei languages zusammenputten!“
So ermahnten die Pennsylvania Dutsch (deutschstämmige Amerikaner) ihre Kinder und drückten damit aus, was Konfuzius 2500 Jahre früher so formulierte: „Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen.“
Ich würde so etwas als Imponiergefasel abtun, eine Unterform des Dummdeutschen. Da träumt der Kraftfahrer vom Leben als trucker und der Sparkassenbote davon ein banker zu sein. Und wer würde gelangweilt „dauerlaufen“ wenn er doch mit dem Joggen mega in ist? Bedenklich wird es schon, wenn zum Beispiel kein Versuch gemacht wird, das mountain oder trecking bike per Übersetzung „einzubürgern“, und schlimmer, wenn das gute alte Fahrrad durch das bike verdrängt wird, also ein Anglizismus auch da eindringt, wo es eine zumindest gleich gute muttersprachliche Alternative gibt. Noch problematischer wird es, wenn das Deutsche als Wissenschaftssprache untergeht, wenn sich z. B. technische Begriffe sich angeblich nicht ins Deutsche übertragen lassen. Aber was ist treffender, Tragfläche oder wing (was jedes Hähnchen hat), Triebwerk oder engine (was auch eine Lokomotive bezeichnen kann)? Weshalb sind wir die einzigen, deren Sprache nicht in der Lage ist, Begriffe zu entwickeln? Es ist vermutlich die Unlust, sich mit der eigenen Geschichte zu identifizieren, die zum Verfall von Sprache und Kultur führen. Reinhard Mey beendet treffend sein Lied „Poor, old Germany“ mit der Strophe:
„Weiß nicht, was soll es bedeuten“, / deine Worte sterben aus, Andererseits: Fremdwörter sind aber keine Unwörter, nur weil sie fremd sind. Oft fehlt es der eigenen Sprache an treffenden, kurzen Begriffen; oft hat man auch versäumt, solche zu finden Hier sollten wir es mit Goethe halten: „Eine fremde Sprache ist hauptsächlich dann zu beneiden, wenn sie mit einem Worte ausdrücken kann, wozu die andere umschreiben muß, ...“ Bedienen wir uns also, wenn es nötig ist. Schließlich kommen 25% unseres Sprachschatzes aus Fremdsprachen. Zur Zeit aber scheint uns eine Flut unnötiger Anglizismen, teils gerufen, teils uns aufgedrängt, uns zu überrollen. Bemühen wir noch einmal Goethe, der meint: „Die Gewalt einer Sprache ist es nicht, daß sie das Fremde abweist, sondern das sie es verschlingt.“ Doch tun wir heute des Guten zu viel. Falls die Anatomie der Sprache einen Magen zubilligt, überkäme diesen vermutlich – gut deutsch – ein Drang zum .... Speien.
Irgendjemand sprach im Hinblick auf diese „englische Krankheit“ vom „denglischen Patienten. Die Situation gleiche einem Akt auf dem Drahtseil „zwischen Klagemauer und Turm von Babylon.“ Auf der einen Seite stehen die, die den Zustand bejammern, auf der anderen jene, die in ihrem blinden Eifer gewollt, ungewollt die Verwirrung stiften. Weltoffenheit verkommt zur Weltbesoffenheit. Wir sollten den denglischen Patienten reanimieren. Erlangt er sein Bewußtsein wieder, dann sollte er Wortschatz von Wortschund trennen, um dann seine Stadt zu bauen. Wie sagt doch Goethe? „Die Muttersprache zugleich zu reinigen und zu bereichern ist das Geschäft der besten Köpfe.“ – Alfred Becker |
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