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Beim Lesen der AHZ: Reminiszenzen

Beim Lesen der AHZ nimmt der Uralte Herr nicht nur Kenntnis von der gegenwärtigen Lage, - er versucht auch, aktuelle Vorgänge mit seinen Erlebnissen aus „seiner Zeit“ – ja, ja, die gute alte Zeit – zu verbinden. Und dazu bot auch diese Ausgabe (2023 - 2) Stoff.

Sieh da, der Fuchsentanztee SS 1962, eine gekonnte Karikatur. Der mit dem Fuchs tanzt! Oder: Die … Und dann die Berlinreise, von der ich heute – am 17. Juni! – erstmals lese. Ja, das erinnert mich an etwas, ungenau zwar, aber doch ein Echo des Erlebten. Das war 1961; nach der Abschottung des Berliner Ostsektors und zu Beginn des Mauerbaus, also irgendwann im September 1961. Wir folgten der Einladung der Berliner Burschenschaft Primislavia (Rote Richtung), die heute wohl in den Märkern aufgegangen ist. Ich weiß nicht mehr, wer damals dabei war. Frei nach Schiller: „Wer kennt die Burschen, nennt die Namen…?“ Geblieben in der Erinnerung sind die Bilder der Wirren: Stacheldrahtbarrieren, erste Mauerabschnitte, provisorische Emporen, um hinüber zu gucken, Vopos (Volkspolizisten) auf der einen und Jeeps mit Amis auf der anderen Seite. Das Brandenburger Tor versperrt. Buhrufe und Spitzbarthäme. Und dann die Hektik auf dem Verbindungshaus. Die Verbandsbrüder waren bemüht, Telefonkontakte zu knüpfen, Nachrichten auszutauschen und …………. einen Tunnel zu graben. Immer wieder neue Informationen. Verschwitzte Tunnelbauer drängeln sich vor der Dusche. Aufregung pur! Fast war es, als wären wir selber mit Hacke und Schaufel dabei. Ja, sie haben den einen oder anderen ihrer Verbindung rüber holen können.
Und auf dem Heimweg nach Göttingen die Gänsefleischfrage der Grenzpolizisten: "Gänn se vleisch ma de Kofferraum aufmachn?" Nein, wir hatten keinen Ossi im Gepäck, aber wohl „noch ´nen Koffer in Berlin“.

Und dann lese ich vom Maibock. Der erinnert mich an einen Bbr., der ungenannt bleiben soll. Sein Vater besaß ein Jagdrevier mit Hütte, zu dem bzw. zu der sein Sohn Zugang hatte. Und der lud drei Bbr. Bbr. – zwei Füxe (?) und mich – auf ein Hüttenwochenende mit Hasenbraten ein. Im Forst angekommen, bekamen wir Schießunterricht. Das war so etwas wie Luftgewehrschießen mit Backpfeife. „Wir wollen einen Hasen. Wenn es zwei sind, auch gut! Und wenn euch ein Fuchs vor die Flinte kommt …“ Er krümmte den rechten Zeigefinger und warf irgendetwas Imaginäres über die Schulter in die Büsche. Die Nacht auf den Sonnabend verlief feucht-fröhlich, doch moderat genug, um in der Morgen-dämmerung die Hochsitze erklimmen zu können, wenn man sich nicht als Lauerjäger mit dem Erdsitz als Anstand begnügen mochte. Und so hockte ich allein auf dem Holzgestell am Feldrain. Schöner Ausblick, sonst nichts. Keine Flaniermeile der stummelschwänzigen Langohren. Doch Moment mal! Was ist das denn das da? Ein Fuchs schnürt quer Beet! Wittert, dreht um und zieht ein paar Kreise. Die Phantasie fügt der Erinnerung so manchen Tupfer hinzu. Da tauchen dann die Welpen auf, liebevoll von der Fähe umhegt. Und der Rüde gibt sich der Fellpflege hin. Mein rechter Zeigefinger kommt nicht in Versuchung. Ein Schuß irgendwo, - Rückzug der rothaarigen „Confuchsia“. Da hat einer das Abendessen gesichert. Rasch weg von den Füchsen, hin zu den Füxen, bevor der Hase im Pfeffer liegt. Und so viel Rotwein braucht auch nicht an die Soße!

Weitergeblättert: Hier noch die Bundesbrüder aus den 1860er Jahren. Das eine oder andere Bild kenne ich von der „Ahnengalerie“ her. Da hängen auch unsere, die aus den 1960ern. Wird irgendjemand um 2060 sich das anschauen wollen oder dann noch sagen können: „Guck mal, das war Becker. 1960. War der nicht bei der Völkerschlacht dabei; oder sowas!“?

Ich lege die AHZ zur Seite. Was habe ich eigentlich gelesen? Für einen Moment war die Vergangenheit Gegenwart. Und dann die Frage nach der Zukunft. Aber nun zurück zum Text! Weiterlesen, nicht träumen.

(Alfred Becker)

 

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