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Rudi, der König der Ratten Das fahle Licht des frühen Morgens fiel durch den gußeisernen Löcherkranz des Gully-deckels und formte im grauen Dunst des Kanals einen milchigen Strahlenkegel. Dieser hing wie ein Cape aus losen Spinnfäden unter der Luke und breitete sich unten um einen flachen Betonsockel, eine Insel am Zusammenfluß dreier Zuleitungen zum Abwasserkanal. Diese Lichtkrone verlieh dem Besetzer des Zementbrockens eine Aura der Heiligkeit.
Rudi Ratte unterschied sich durch nichts von all den anderen Kanalratten, die durch die Abwässer der nördlichen Vorstadt paddelten, außer vielleicht, daß seine Barthaare etwas länger waren als die der anderen Ratten. Aber vermutlich sagte man das nur, um ihm zu schmeicheln. Es war wohl sein Besitz, der Brocken im Abwasserstrudel, der ihm den Respekt der Rattenbande eintrug. Er beäugte alles, was von der stinkenden Brühe kanalab transportiert wurde. Jeder Brocken, der hier vorbeitrieb, trieb mit seiner Erlaubnis vorbei. Jawohl! Was aus dem Regenwasserschacht kam, war langweilig. Regenwasser eben. Mal spülte es ein Kaugummi herein, mal eine aufgeweichte Eiswaffel oder, besser schon, Reste eines Schulbrotes, noch schnell vor der Heimkehr entsorgt. Dazu weggewaschene Insekten, verendete Lurche oder weggekickte Schnecken, Zeug, das Rudi vorbeiwinkte. Was dort aus der Kloröhre kam, war zumeist halbverdautes Zeug: Unzerkaut verschluckte Maiskörner, Erbsen oder Bohnen, begleitet von breiigem Toilettenpapier. Fleisch kam hier nur sehr selten vorbei. Allenfalls säuerliche Kotzbrocken. Oder mal ein Bandwurmglied. Alles nicht Rudis Fall. Bedient euch, meine Lieben! Greift nur zu. Dann und wann trieb auch ein Kondom vorbei. Rudi hatte einst ein solches zernagen wollen, hatte es festgehakt und in die Länge gezogen, mit großer Anstrengung immer länger und länger. Bis er auf dem glitschigen Kanalboden die Haftung verlor und von dem zusammenschnurrenden Gummi gegen die Kanalwand geschleudert wurde. Auch den verfärbten Tampons, die zwar selten, aber regelmäßig vorbeitrieben, konnte er keinen Geschmack abgewinnen und ließ sie vorbeiziehen.
Was aber aus dem Küchenzufluß kam, das sichtete er äußerst sorgsam. Sein Wahlspruch lautete: Was übrig blieb verteilte es so, daß es jenen Ratten zutrieb, die er für den Erhalt seiner Position auf dem Sockel brauchte. Was kam da nicht alles angedriftet! Reis (etwas mühsam einzusammeln), Nudeln, Kartoffelstücke, Gemüse, Wurstpelle, Schalen, Sehnen, Schwarten, Flomen und dergleichen mehr. Einiges aber sammelte er und türmte es zu einem Haufen auf. Rudis Resterampe, hieß es im Kanal. Würde ihn einer fragen: „Entschuldige, Rudi, ich glaub’s ja nicht, aber hast du vielleicht ein Dingsbums für mich?“, dann würde er ganz gezielt seinen Arm in den Haufen schieben und das Dingsbums herausziehen. „Nicht verzagen, Rudi fragen“, würde er dann sagen. Aber bislang hatte keiner gefragt. Vermutlich waren sie zu scheu, obwohl sie alle zu seiner Verwandtschaft gehörten. Es gab keine Kanalratte in der nördlichen Vorstadt, die nicht zu seiner Familie gehörte. Und wenn sich doch eine einschliche …? Die würde der Kanal, Beine oben, fortspülen.
Um seiner Stellung (im wahrsten Sinne des Wortes) gerecht zu werden, verbrachte Rudi den Tag sitzend, die Vorderpfoten vor der Brust gekreuzt, was zwar sehr anstrengend war, ihn aber von dem kriechenden Rest des Rattenrudels unterschied. Daß der Lichtkranz ihm dabei einen Heiligenschein aufsetzte, erschien ihm angesichts der Qual nur angemessen. Solange er hier saß, war er der ungekrönte König der Ratten. Wenn irgendwelche Nager den Hauptkanal hinauf oder hinabpaddelten, verlangsamten sie ihr Pfotenschlagen, senkten ehrfürchtig den Blick und grüßten ihn mit einem unterwürfigen „Huratte, Rudi!“ Lang, lang her: Rudi hatte sich einmal die Kloröhre hochgewagt. Er hatte abgewartet, bis der Morgenschiß weggespült war und das Duschwasser nachfloß. Das war zwar seifig und brannte in den Augen, aber zweifellos erträglicher als die braune Brühe. Er hatte sich mühsam das Rohr hinaufgezwängt, indem er sich mit Pfoten und Rücken gegen die Rohrwandung stemmte und preßte, um dann schließlich durch das wassergefüllte Knie zu tauchen. Als er die Augen öffnete, fand er sich am Boden einer weißen Kloschüssel wieder. Sein Versuch, die glatte Wand aus Keramik zu erklimmen, um zu der hölzernen Klobrille da oben zu kommen, scheiterte. Und als er sich noch abmühte, es doch zu schaffen, verdunkelte ein rosiges Rund den Himmel über dem Holzrand. Rudi behauptet seitdem, daß die Menschen da oben ein augenloses Gesicht haben, das eigentlich nur aus zwei Backen besteht, die einen verkniffenen Mund einschließen. Und daß sie aus diesem Mund recht übel riechen.
Ein paar andere Pionierratten, die ähnliches erlebt hatten, berichteten ähnliches; einzig über die Frage, was da unter dem Mund war oder nicht war, einzig in diesem Punkt gingen die Meinungen auseinander. Da konnte Landratte ihnen von Augen, Nase und Ohren der Menschen erzählen, was sie wollte, Rudi und die Pioniere glaubten ihr nicht. Und die Landratte sagte: „So wahr ich eine Ratte bin, die sehen so aus wie ihr und ich!“
Solchen Erinnerungen hing Rudi nach, starrte dabei in die Fluten und konnte an der Zusammen¬¬setzung des Treibguts feststellen, daß es gegen Mittag war. In den Küchen der Backengesichter wurde Gemüse gewaschen und geputzt, Fleisch gebraten und gekocht, gegessen, schließlich abgewaschen, nicht ohne die Reste ihm als Tribut zu überlassen. All das ohne Augen! Nur Backen und Mund. Und wohl noch was dran. Nicht zu fassen. Nach und nach schwemmte das schäumende Abwaschwasser alles fort, Gemüsespelzen, Fleischfasern, Klopapier, Zigarettenkippen, und zu guter Letzt ein original verpacktes Kondom begleitet von einem zerrissenen Brief. Ein Liebesbrief, wie man aus den Lippenstiftspuren schließen konnte. Die Nachmittagssonne vergoldete den gullydeckel-gefilterten Strahlenkranz um Rudis Thron und zauberte silberne Pferdchen auf die sich kräuselnden Wirbel, Pferdchen, die sanft rinnend im Dunkel der Röhre verschwanden. Ihr Galopp wurde von der Melodie des Tropfwassers begleitet, dicke, schwere Wasserperlen, die sich von der dunklen Decke stürzten, und mit ihren Ringen den Lauf der Pferdchen ablenkten. Der faulige, jauchige Geruch hatte sich verzogen, und ein Hauch von aprilfrischer Zitronenschale hing in der Luft, entspannte nicht nur das Wasser, sondern auch jede Rattenseele. Wenn Rudi nicht stehen müßte, er wäre glatt eingeschlafen. Rudi zählte, wie immer, wenn er müde wurde, die Risse im Hauptrohr. Jeden kleinen Riß, den sein scharfer Blick erspähte. Und jeden Tag konnte einer hinzukommen. Er starrte also durch die Pferdchen hindurch auf den Grund und zählte. Am neunzehnten Riß hing sein Blick fest. Ein Pferdchen, das seinem Blick nicht weichen wollte? Wo gibt es denn das? Es war kein Pferdchen, was da glitzerte und glänzte, was da mit dem wabernden Wasser vor und zurück rollte, was da auf dem Boden lag, zum Greifen nah. Rudi ließ sich auf die Vorderpfoten herab. Es war ja keiner in der Nähe, der ihn beobachten konnte. Er glitt lautlos von seinem Thron und rutschte in das lauwarme zitronenfrische Spülwasser, paddelte und tastete den schlammigen Boden ab, darauf bedacht, Nase und Schnurbart trocken zu halten. Was beförderte er nicht alles nach oben? Ringe von Aufreißdosen, Büroklammern, schrauben-lose Muttern und sonstiges Kleinmaterial. Alles Tasten half nicht, so lang er auch seine Arme ausstreckte, er mußte tauchen. Ein Glück nur, daß die Kloröhre nicht mehr als ein dünnes gelbes Rinnsal in den Kanal entließ; es hätte ja viel dicker kommen können. Also Nase zu, Augen auf und runter mit dem Kopf. Das Wasser schoß ihm in die Ohren. Unter ihm auf dem Grund spiegelten sich die Strudel, die sich oben auf dem Wasser drehten, und die glitzernden Pferdchen schickten ihre wilden Ebenbilder über den Schlick. Insektenlarven tanzten vor seinen Augen, und Fadenwürmer hielten auf seine Nasenlöcher zu. Er schloß die Augen und lauschte. Ein blubberndes, plätscherndes Orchester spielte eine gurgelnde, glucksende Abwassersymphonie. Aber irgendein goldener Klang übertönte diese Oper, die den Namen ‚Rudi in der Unterwelt’ verdien hätte. Der ungekrönte König der Kanalratten folgte diesem metallenen Geräusch, bis ein Funkeln durch die Brühe drang, ein Funkeln, das nicht von den Pferdchen kam. Rudi tauchte kurz entschlossen ab, griff das rollende runde Ding, tauchte auf, verlor es wieder, tauchte ab, tauchte auf, tauchte ab, tauchte auf …, blieb oben. Mit einer Pfote ruderte er auf seine Insel zu, warf das glänzende Etwas auf die Platte und schob sich selber hinterher, gerade noch rechtzeitig, denn die Kloröhre schickte prustend „Dickes“ in den Kanal. Rudi besah seinen Schatz. „Gold!“, jubelte er. Das Ding sah aus wie ein zerknautschter Zylinder. „Den verstecke ich ganz tief in meiner Resterampe“, dachte er. Doch dann kam ihm eine andere Idee. Irgendwo war da ein Kaugummi… Rudi steckte den Arm in den Haufen und förderte ein rosa Bubblegum zutage. „Nein, das steht mir nicht; das nimmt keiner ernst. Lieber das blaue Gummi.“ Er fand es sofort. „Eukalyptus! Salbte man damit nicht irgendwelche gekrönten Häupter? Egal, ich behaupte das einfach.“ Rudi kaute das starre Gummi weich und drückte es schließlich auf seinem Kopf fest. Im Wasserspiegel beobachtete er, wie seine Pfoten das Gummi zum Barett formten. Dann griff er den goldenen Zylinder und preßte ihn mitten in seine neue Kopfbedeckung. „Schick seht ihr aus, König Rudi“; flüsterte er seinem Spiegelbild zu. „Danke verbindlichst!“ erwiderte sein Gegenstück Gegen Abend, als der Strahlenkranz um den Thron erlosch, stieg Rudi von seinem Sockel, watete durch das seichte Wasser hinüber zum Hauptkanal. Hier konnte er auf einem Steg trockenen Fußes bis zum toten Rohr kommen, eine alte Tonleitung, die man vor Urzeiten stillgelegt hatte. Hier würde er sie alle treffen, seine geliebte große Familie, die hier nächtens immer neue Bekanntschaften schloß, unzählige Rattenbabies zeugte und gebar und bei der Gelegenheit die neusten Nachrichten über Giftköder und sonstiges Naschwerk austauschte. Ja, das Rattengift. Ein paar Tiere fielen darauf herein, aber das war es auch schon. Lächerlich. Angeblich raffte es mehr Menschen als Ratten dahin. Die Rattenvollversammlung verstummte, als sie das Trippeln von Rattenfüßen im Hauptrohr vernahm. Wer mochte das sein, zu so später Stunde? Rudi etwa? Niemals! Doch da kam es schon um die Ecke. Ein goldnes Flackern und Flimmern blendete die Bande, und erst als Rudi eine Pfote vor seinen Kopfschmuck hielt, erkannten sie ihn. Sie waren zunächst sprachlos, doch dann erscholl ein Jubelschrei: „Huratte, Rudi! Huratte, Rudi!“ Die Rattenbande hatte ihren König, von dessen Kommen die alten Geschichten erzählten. Und das mußte gefeiert werden. Roderich der Ratterich, der seit Rattengedenken wachsam vor einem alten Schacht lag, erhob sich, wollte sich gerade auf die Hinterbeine stellen, um sich Gehör zu verschaffen. Doch erschreckt über soviel Kühnheit verstummte das Rattenpack von selbst, und Roderich erstarrte in einer Mischung von Stehen und Kauern. „Ratten, Rättinnen und Rattischen,“ verkündete er, „ich mache ein Faß auf! Apfelwein für alle!“ Ein Gejauchze hallte durch den Kanal, drang durch die Röhren empor in Küchen und Bäder der Menschen und drang aus allen Gullydeckeln der nördlichen Vorstadt. Von einer Rattenplage würden morgen Presse, Funk und Fernsehen berichten, was doch eigentlich nur ein großes Fest war. Roderich jedenfalls verschwand in dem Schacht und warf Unmengen vergorener Äpfel unter das Volk. Angefaulte Äpfel, die er aus dem Kanal gefischt hatte. Es gab ein ordentliches Gerangel und Gebeiße, das sich erst legen sollte, als jeder ein hübsches, matschig braunes Stück zwischen den Pfoten hielt.
„Wir geben ein Bankett!“ schlug Oberratt vor. Er war ein würdevoller alter Nager. Alle, wirklich alle stimmten ihm zu, was höchst ungewöhnlich war. „Rudis Regentschaft! Rudi der Erste, was man Rudi eins schreibt…. Römisch eins!“ Er hob sein Hinterteil in die Höhe und richtete seinen nackten Ratteschwanz steil empor. „So sieht römisch eins aus“, erklärte er. Am dritten Tag wollten sie feiern. Oberratt fühlte sich Rudi tief verbunden, denn er war nicht nur sein Halbbruder, sondern auch sein Onkel oder Cousin, wenn nicht gar sein Neffe. Sein Vater war er jedenfalls nicht, soviel war sicher. Schnell wurden Pläne gemacht. Jeder wußte, wo etwas zu holen war. Der eine kannte eine vermüllte Messie-Küche, der andere wußte von einem Keller, in dem hin und wieder armen Schafen oder Ziegen die Kehle durchgeschnitten wurde, ein dritter hatte Verwandte im Chinarestaurant rumhängen. Ach ja, man werde dem Anlaß gemäß einladen müssen, den und die, jenen und jene. Und die da auch.
********************** So ziemlich direkt über Rudis Rattenreich saß Albe, ein älterer Elfenmann, auf einem riesigen Fliegenpilz und las die Morgenzeitung. Das stand in großen Lettern:
„Rattenplage unter der nördlichen Vorstadt!“ „Auch das noch!“ klagte Albe und langte mit einer Hand – mit der anderen preßte er einen naßkalten Beutel mit Gurkenscheiben gegen seine Wange – nach der Dauerwurst, die er eben hatte fallen lassen. Für seinen Hund. Er hatte keinen Hund, aber vielleicht würde ihm heute einer zulaufen. Man weiß ja nie. Er steckte die Dauerwurst in seine Westentasche. Keine Speisereste achtlos wegwerfen, riet die Zeitung. Und die mußte es wissen, wo die Zeitungs-schreiber doch alles besser wissen als die Leser. Weshalb sollte man sonst eine Zeitung lesen? Eigentlich hatte er nichts gegen Ratten. Er ließ sie in Ruhe, und sie machte einen großen Bogen um ihn. Im letzten Winter hatte er schon mal eine magere Ratte beobachtet, die sich gierig über das ausgestreute Vogelfutter hermachte. Er hätte sie fressen lassen, aber seine Elfe hatte da andere Vorstellungen. Sie ergriff ein Meisenknödel und schleuderte es auf den ungebetenen Gast. Der verstand die Botschaft und verschwand. „Ratten sollen sehr intelligent sein“, meinte er nachdenklich. „Albe, ich bitte dich!!!“ Mindestens drei Ausrufungszeichen. ‚Ob Ratten Zeitung lesen? ’ fragte er sich. ‚Schließlich gibt es ja Leseratten. Was sollen die wohl lesen, wenn die Bücher von Bücherwürmern verschlungen werden? Speisekarten vielleicht? ’ Albe griff zu den Bachblüten, die Elfe für ihn gepflückt hatte. Sie kannte sich gut mit den Kräutern aus, und für sie gab es keine Krankheit, gegen die nicht ein Kraut gewachsen wäre. Aber muß das auch für Zahnschmerzen gelten?
Wie er da so auf seinem Fliegenpilz hockte und auf Elfe wartete, die gerade schmerzstillende Weidenblätter sammelte, da hörte er ein leises Summen über sich. Es erinnerte ihn an das Surren des Bohrers, kurz bevor er sich in die kariöse Kavität frißt. Er blinzelte in die Sonne, hielt die Hand (die ohne Gurkenscheibenbeutel) über die Augen, und suchte vergebens nach dem unverhofften Besucher. Doch da löste sich ein winziges Wesen sich aus den Zweigen des alten Birnenbaums und schwebte herab, es wuchs – etwa so wie Pinocchios Nase – und nahm menschliche Konturen an, so wie der. Jetzt erkannte er seine Besucherin. Er sah Biene Geli, die kleine Zahnfee, die eigentlich nur nachts unterwegs ist, um die ausgefallenen Milchzähne der schlafenden Kinder einzusammeln, wofür sie meist ein Goldstück zurückläßt. Bei den alten Leuten war das eher umgekehrt. Da brachte Geli schon mal einen Stiftzahn, und dafür mußte der so Beschenkte ein Goldstück hinlegen. Wenigstens eins. Meistens zwei, in schwierigen Fällen auch schon mal drei.
Die Zahnfee lächelte ihn an: „Schmerzen, mein Alter?“
Albe biß die Zähne zusammen. Sie würde ihm bohrende Fragen stellen, glaubte er. Aua! Zähne zusammenbeißen war kein guter Rat. Aber den Mund aufzumachen ohne etwas zu sagen, das war nicht seine Art. Und die Zahnfee wußte das sehr genau. Nach einer schweigsamen Minute, die den redseligen Patienten fast überforderte, sagte sie: „Alterchen, du bist doch ein kluger Mann. Wat sind eejentlich Vokale?“ Nun war der Rat der Zahnfee gefragt. Sie bemühte sich also um eine förmliche Redeweise, denn wenn man so spricht, wie einem der Schnabel gewachsen ist, dann nehmen einen die Leute einfach nicht ernst: „Deine goldene Krone hast du verschluckt, mein Lieber. Wann? Was? Vor drei Tagen?! Dann ist sie auf natürlichem Wege abgegangen und dürfte irgendwo im Kanal rumrollen. Nun gut, ich mach dir eine neue.“ Sie runzelte die Stirn. „Da war doch was? Ich glaube, ich werde vergeßlich. Ach ja! Stichwort Kanal! Ich muß mich beeilen, weil ich noch ein Geschenk brauche. Was könnte man einer Kanalratte schenken? Duftwasser vielleicht?“ Albe grinste, soweit es die Zähne zuließen. „Keine schlechte Idee, Geli. Aber das könnte dem König der Köddel stinken! Wie wär’s damit?“ Er zog die Dauerwurst aus seiner Westenasche hervor. „Nimm! Die ist eh zu hart für mich. Und zu fett.“ „Wo du recht hast, hast du recht!“ Sie nahm die Wurst und biß hinein. „Sieht aus wie Köddel, schmeckt aber deutlich besser. Also Dank für die Salami,“ lachte die Zahnfee.
„Und was feiern die Ratten, wenn ich fragen darf?“ |
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